Studie zu Pornografie: Kinder und Jugendliche sind immer früher durch Online-Kanäle mit sexuell expliziten Inhalten konfrontiert. Dies zeigt eine repräsentative Umfrage von Kommunikationswissenschaftlern der Universitäten Münster und Hohenheim in Stuttgart. Fast die Hälfte der befragten 14- bis 20-Jährigen hat „Hardcore-Pornografie“ mit entblößten Geschlechtsteilen gesehen. Bei den 14- und 15-Jährigen beträgt der Anteil ein Drittel. Ungefähr die Hälfte dieser Begegnungen mit pornografischem Material geschieht ungewollt. Diese Online-Befragung bietet erstmals generalisierbare Erkenntnisse über die soziale Situation und das individuelle Erleben der Jugendlichen bei ihrem ersten Kontakt mit pornografischen Inhalten.
- Im Durchschnitt berichten die Jugendlichen, dass sie mit 14,2 Jahren zum ersten Mal sexuell explizite Medieninhalte sehen.
- Jungen haben diesen ersten Kontakt im Schnitt mit 14,0 Jahren,
- Mädchen kommen erst mit etwa 14,8 Jahren damit in Kontakt.
Die Ergebnisse der Studie zu Pornografie deuten darauf hin, dass dieser Erstkontakt immer früher im Leben der Jugendlichen stattfindet. Die 14- und 15-Jährigen, die bereits Hardcore-Pornografie gesehen haben, waren beim ersten Kontakt durchschnittlich 12,7 Jahre alt.
- Der Zugang zu diesen Inhalten erfolgt zu 70 Prozent über Laptops, Computer oder Smartphones. Medien wie Fernsehen, Videos oder Zeitschriften spielen hierbei kaum noch eine Rolle. Nach dem ersten Kontakt nutzen deutlich mehr Jungen regelmäßig sexuell explizite Online-Angebote als Mädchen.
- Der erste Kontakt mit pornografischen Inhalten findet meist zu Hause statt. In 40 Prozent der Fälle sind die Jugendlichen nicht allein, sondern sehen diese Inhalte mit Freunden. Bei den 14- und 15-Jährigen sind es sogar 60 Prozent.
Ungefähr die Hälfte der Jugendlichen trifft bewusst auf pornografische Inhalte. Geschlechtsspezifische Unterschiede sind jedoch erkennbar. So geben knapp 60 Prozent der Mädchen an, dass ihr Kontakt mit Pornografie ungewollt war, während dies nur bei 37 Prozent der Jungen der Fall ist. Zu den ungewollten Kontakten zählen beispielsweise das Gezeigtbekommen von Pornografie durch andere oder das zufällige Entdecken dieser Inhalte im Internet.
Studie zu Pornografie: Weitere Ergebnisse:
- Kinder und Jugendliche, die mit Pornografie in Kontakt kommen, wollen und verstehen dies in dem Moment gar nicht. Da die Mediennutzung oft im Geheimen stattfindet, müssen sie die Verarbeitung dieser Inhalte alleine bewältigen.
- Eltern und Lehrer spielen dabei nur eine nachgeordnete Rolle.
- Der Umfrage zufolge spricht mehr als die Hälfte der Jugendlichen nach ihrem Erstkontakt mit niemandem darüber, und nur 4 Prozent diskutieren dies mit Lehrern oder Eltern.
- Die Bereitschaft, darüber zu sprechen, hängt stark davon ab, wie sie sich beim ersten Sehen der Inhalte gefühlt haben.
- Waren die Jugendlichen durch die Inhalte erregt, war die Bereitschaft, darüber zu sprechen, deutlich geringer, als wenn sie die Inhalte belustigend oder abstoßend fanden.
Trotz der zunehmenden Offenheit in der Gesellschaft und vieler Aufklärungskampagnen bleibt die Diskussion über die eigene Sexualität unter Jugendlichen ein Tabuthema, mit dem sie meist allein oder zusammen mit Freunden umgehen. Die Ergebnisse der Studie zu Pornografie zeigen auch, dass das stereotype Bild des einsamen männlichen Porno-Nutzers nicht der Realität entspricht. Für viele Jugendliche ist der erste Kontakt mit Pornografie stark mit sozialen Kontexten verknüpft. Pornografiekonsum ist keine Randerscheinung, sondern eine weit verbreitete Form der Mediennutzung unter Jugendlichen.