Sexuell übertragbare Infektionen (STI) nehmen auch bei älteren Menschen Ü50 zu. Dies lässt sich auf verschiedene Faktoren zurückführen, darunter
- die Nutzung von Online-Dating-Plattformen
- steigende Scheidungsraten
- der Einsatz von Potenzmitteln und
- das Wegfallen der Sorge vor ungewollten Schwangerschaften.
Diese erhöhte sexuelle Aktivität kann jedoch schwerwiegende Folgen haben, wenn man der Schutz vor STI durch Safer Sex (mit Kondomen und Femidomen) vernachlässigt. Die Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) und die Deutsche STI Gesellschaft (DSTIG) sprechen sich für ein Umdenken in der Sexualaufklärung aus – explizit auch für ältere Menschen. Denn Tripper, Syphilis und andere STI sind auf dem Vormarsch.
Mehr sexuell übertragbare Infektionen – auch ein Tabuthema
Sexualität im Alter ist, so Prof. Dr. med. Norbert Brockmeyer, Präsident der Deutschen STI Gesellschaft (DSTIG), noch immer ein Tabuthema. Dies habe dramatische Konsequenzen, wie man an den Zahlen zu sexuell übertragbaren Infektionen sehe. Der seit Jahren beobachtete Anstieg bei STI wie Gonorrhoe (Tripper) und Syphilis betrifft nicht nur junge Erwachsene, sondern auch Menschen über 50.
- Studien aus den USA zeigen, dass sich die Zahl der STI im letzten Jahrzehnt bei den 55- bis 64-Jährigen verdoppelt hat.
- In Großbritannien gab es bei den über 45-Jährigen zwischen 2015 und 2019 eine Verdopplung der Fälle von Gonorrhoe und Syphilis.
- In Deutschland verzeichnet das Robert Koch-Institut (RKI) einen starken Anstieg bei Syphilis-Neuinfektionen, die von 2021 auf 2022 um 23% auf 8.310 gemeldete Fälle stiegen, wobei hauptsächlich Männer betroffen sind (94%).
Der Anteil der älteren Menschen unter den Syphilis-Fällen nimmt auch hierzulande zu. 2013 wurden bei den über 60-Jährigen etwa 326 Fälle gemeldet, 2023 waren es bereits 930 Fälle. Schätzungen basierend auf europäischen Daten gehen von einer Neisseria gonorrhoeae-Inzidenz von 20 Fällen pro 100.000 Einwohner aus. In Deutschland gibt es eine ähnliche Entwicklung, jedoch besteht die Meldepflicht für Gonorrhoe erst seit kurzem.
Die Statistik erfasst jedoch Erreger mit verminderter Empfindlichkeit gegenüber bestimmten Antibiotika. Laut Brockmeyer eine alarmierende Entwicklung. 2022 wurden in Deutschland etwa 700 Infektionen mit vermindert empfindlichen Gonorrhoe-Erregern gemeldet, im Jahr zuvor waren es etwa 400 Fälle.
Weltweit besorgniserregender Trend: Resistenzen
Weltweit zeigen sich ebenfalls besorgniserregende Trends. Laut einem Bericht der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) aus China stiegen die Resistenzen gegen das First-Line-Antibiotikum Ceftriaxon zur Behandlung der Gonorrhoe von 2,95% im Jahr 2017 auf 8,1% im Jahr 2022. Das Problem: Wenn immer mehr Antibiotika versagen, werden Kontrolle und Therapie zunehmend schwieriger. Wichtig sind umfassende Beobachtungen (Surveillance), niedrigschwellige Testangebote und gut vernetzte Labors.
Zwar gibt es zum Sexualverhalten älterer Menschen kaum Untersuchungen. Allerdings gehen Wissenschaftler davon aus, dass diese Altersgruppe sexuell viel aktiver ist als vermutet wird. Laut der Berliner Altersstudie II (BASE-II) aus dem Jahr 2019 sind ältere Erwachsene im Durchschnitt weniger sexuell aktiv sind als Jüngere. Aber: Immerhin fast ein Drittel der 60- bis 80-Jährigen sagt von sich, sexuell aktiver zu sein als 20- und 30-Jährige.
Dass Aufklärungskampagnen für die ältere Bevölkerung mit Blick auf sexuell übertragbare Krankheiten so wichtig ist, hat noch einen weiteren Grund: Bereits im Jahr 2030 könnten in Deutschland nach Schätzungen des Statistischen Bundesamts 20 Millionen Menschen über 67 Jahren leben. Aktuell sind es 16 Millionen.